Was verstanden Römerinnen und Römer unter Körperpflege?
Im Großen und Ganzen hatten Römerinnen und Römer dieselbe Vorstellung von Körperhygiene wie wir. Schweißgeruch, Mundgeruch, ungepflegte Haare und Nägel galten als abstoßend:
„...Sauber, damit er gefällt, und gebräunt sei vom Marsfeld der Körper... Nicht sei zu Stacheln dein Haar in entstellender Weise geschoren; von der geübten Hand lass Haare dir schneiden und Bart. Nicht zu lang lass die Nägel dir wachsen, lass frei sie von Schmutz sein. Und aus dem Nasenloch steh´ niemals ein Haar dir hervor. Nicht komme widriger Atem aus übelriechendem Munde. Nicht stör´ die Nase der Bock...“ (Ovid, Liebeskunst I, 513 – 523). Dies rät der Dichter Ovid (43 vor Christus bis 17 nach Christus) Männern, die auf Beziehungssuche sind.
Auch für Frauen hat er Tipps parat: „...Lasst den trotzigen Bock unter eure Achseln nicht kommen. Das Bein sei nicht vom Borstenhaar rau... dass ihr nicht eure Zähne durch Trägheit braun werden lasst, dass den Mund morgens mit Wasser ihr spült...“ (Ovid, Liebeskunst III, 193 – 198).
Nagelschneider dienten zum Kürzen der Nägel. Schmutz wurde mit Nagelkratzern entfernt. Für die Reinigung der Ohren wurden anstelle von Wattestäbchen sogenannte „Ohrlöffelchen“ benutzt.
Die Zahnbürste war noch unbekannt. Trotzdem war Mundhygiene wichtig. Neben Mundspülungen wurde empfohlen, die Zähne mit Salbeiblättern oder Minzblättern abzureiben. Für glänzende Zähne und festes Zahnfleisch sollten außerdem medizinische Zahnpulver sorgen. Scribonius Largus, ein Leibarzt des Kaisers Claudius (Regierungszeit 41 bis 54 nach Christus) erwähnt ein Rezept mit Gerstenmehl, Essig, Honig, Steinsalz und Nardenblüte. Dieses Mittel habe schon Octavia (circa 70 bis 11 vor Christus), die Schwester des Augustus, verwendet (Scribonius Largus, Compositiones 59).
Es war üblich, dass Frauen die Körperbehaarung entfernten. Ob auch der Intimbereich mit einbezogen wurde, hing vom persönlichen Geschmack ab. Neben Pinzetten waren auch Haarentfernungsmittel im Gebrauch. Sie funktionierten nach dem Prinzip der Kaltwachsstreifen oder des modernen „Sugaring“. Extreme Körperbehaarung war auch bei Männern verpönt. Um sie loszuwerden, nahmen auch sie Schmerzen in Kauf. In einem Brief an einen Freund beklagt sich der Philosoph Seneca (circa 4 vor Christus bis 65 nach Christus) über den Lärm in der Therme nebenan. Er fühlte sich unter anderem gestört durch die Schreie eines Mannes, dem die Achselhaare einzeln mit der Pinzette entfernt wurden. Ob Männer auch Beine und Arme depilieren sollten, war umstritten. Vielen erschien es übertrieben und zu feminin.
Zu den luxuriösen Gegenständen zählten Spiegel. Folglich war der prüfende Blick auf sich selbst für viele keine Selbstverständlichkeit (anders als heute in Zeiten des Selfies). Es gab Handspiegel und Taschenspiegel. Die Spiegelfläche bestand meist aus Bronze, die manchmal mit Zinn oder − sehr selten − mit Silber beschichtet war. Zu den archäologischen Funden zählen vereinzelt auch kleine Taschenspiegel mit verglaster Oberfläche. Aufgrund der Materialien war das Spiegelbild leicht verschwommen. Spiegel wurden als ein typisches Accessoire für Frauen betrachtet. Männer, die einen Taschenspiegel dabei hatten, galten als übertrieben eitel.
Für die Körperpflege zu Hause gab es einfaches Waschgeschirr aus Keramik. Das nötige Wasser holten sich die meisten Menschen an öffentlichen Laufbrunnen. Dort konnten sie kostenlos Quellwasser in beliebiger Menge abzapfen. Mit einem privaten Wasseranschluss waren dagegen nur wenige Häuser ausgestattet. Wohlhabende erledigten die Morgentoilette in ihrem Schlafzimmer. Dazu benutzten sie eine vielteilige Garnitur aus Edelmetall. Diese umfasste Eimer, Wasserkanne, Waschbecken und -schüssel, sowie einen Nachttopf mit Deckel.
Ordentlich gekämmtes Haar war sowohl für Frauen als auch für Männer wichtig. Zur persönlichen Ausstattung gehörte ein Kamm selbstverständlich dazu. Kämme wurden aus Buchsbaum und Rinderknochen gefertigt, wobei Knochenkämme teurer waren. Eine Kostbarkeit stellten Exemplare aus Elfenbein dar. Die Kämme waren mit einer doppelten Reihe feiner Zinken versehen. So ließen sich Nissen heraus kämmen. Dass den Römern Läuse nicht unbekannt waren, verraten archäologische Funde: In Ägypten und Israel wurden Holzkämme entdeckt, an denen noch Läuseeier hafteten. Der gute Erhaltungszustand ist auf das trockenheiße Wüstenklima zurückzuführen.
Trendsetter für die Haar- und Bartmode war das Kaiserhaus. Dabei zeigten sich Männer ebenso modebewusst wie Frauen. Männer trugen das Haar im Nacken kurz geschnitten. Auf dem Oberkopf konnte es, je nach Mode, etwas länger und gelockt sein. Entscheidend für ein gepflegtes Äußeres waren nicht einfach kurze Haare, sondern ein professioneller Haarschnitt. Ließ ein Mann sein Haar wachsen, drückte er damit Trauer aus.
Im 1. Jahrhundert nach Christus war es üblich, sich zu rasieren. Kaiser Nero (Regierungszeit 54 bis 68 nach Christus) zeigte sich dennoch gerne mit Kehlbart. Ab dem 2. Jahrhundert wurde mit Kaiser Hadrian (Regierungszeit 117 bis 138 nach Christus) der Vollbart modern, entweder getrimmt oder in Form gebracht. Philosophen, die bewusst auf die Bartpflege verzichteten, demonstrierten auf diese Weise ihren alternativen Lebensstil.
Frauen hatten grundsätzlich langes Haar, das sie nur im Trauerfall offen trugen. Manche Sklavin hatte kurzes Haar, allerdings unfreiwillig. Sie hatte möglicherweise ihre Haarpracht für die Toupets und Perücken der Reichen hergeben müssen. Eine aufwändige Frisur war ein Statussymbol. An kunstvoll gekräuselten Locken oder zahlreich geflochtenen Zöpfchen war für jeden erkennbar, dass der Frau Dienerinnen zur Verfügung standen. Die meisten trugen einfachere Varianten der Trendfrisuren, die sie ohne Hilfe umsetzen konnten. Zu besonderen Anlässen leisteten sich manche Frauen auch einen Besuch bei der Friseurin.
Denken wir an die römische Zivilisation, kommen uns schnell die Thermen, die beheizten Badehäuser in den Sinn. Die Römer waren aber keineswegs die Erfinder, sondern sie haben die Badekultur der Griechen übernommen und weiter entwickelt. Die Bezeichnung „Thermen“ geht auf das griechische Wort thermos = warm zurück.
Zu Zeiten der Republik standen viele konservative Römer und Römerinnen dem Badewesen sogar kritisch gegenüber. Sie hielten es für verschwenderisch und unnötig. In der Kaiserzeit aber waren Thermen längst Teil der Infrastruktur von Städten und Militärlagern.
Auf dem Land verfügte manch größerer Gutshof ebenfalls über eine Badeanlage. In den Städten lagen die öffentlichen Thermen entweder zentral in der Nähe des Forums oder in der Nähe der Stadttore, was nützlich für Reisende und all diejenigen war, die draußen vor der Stadt arbeiteten. Üblich war der Thermenbesuch nach Feierabend. Schließlich waren zahlreiche Berufe mit Schmutz, Staub, Rauch und Ruß verbunden.
Der Eintritt war günstig. Öffentliche Bäder standen allen sozialen Schichten offen, auch Sklaven. Einen exklusiven Bereich für vornehmere Menschen gab es nicht. Grundsätzlich badeten Männer und Frauen getrennt voneinander. Wenn in kleineren Thermenanlagen räumlich getrennte Bäder fehlten, wurden unterschiedliche Badezeiten eingerichtet. Spezielle Badekleidung war unbekannt. Allenfalls konservative Männer trugen einen Lendenschurz.
Im Umkleideraum wurde die Kleidung abgelegt. Dazu konnten die Menschen bequem auf gemauerten Bänken Platz nehmen. An der Wand waren Ablagen für die Habseligkeiten angebracht. Abschließbar waren sie nicht. Darum war es angeraten, einen Diener oder eine Dienerin zum Aufpassen mitzunehmen.
Jeder Badegast hatte seine eigene Badegarnitur dabei. Diese umfasste ein bis zwei Schaber (strigiles), ein Fläschchen mit Salböl, eventuell eine flache Schöpfkelle, ein Handtuch und Badesandalen.
Nach dem Vorbild der Griechen wurde zunächst die Haut mit Olivenöl eingerieben. So wurden Schweiß, Talg und Schmutz gebunden und waren leichter zu entfernen. Dazu diente eine Strigilis. Diese Schaber bestehen meist aus Eisen oder Bronze. Auch Luxusausführungen aus Silber oder Glas sind überliefert.
Die Verwendung von Seife war nicht üblich, obwohl sie den Römern durch den Kontakt mit Kelten und Germanen inzwischen bekannt war. Der griechische Arzt Galen (129 bis 199 nach Christus) empfahl sie als medizinisches Reinigungsmittel bei Ekzemen.
In vorgereinigtem Zustand betraten die Gäste die Baderäume mit den unterschiedlich temperierten Wasserbecken. Die Runde wurde im Tepidarium (tepidus = lauwarm) begonnen. Anschließend wurde in das Caldarium (caldus = heiß) übergewechselt. Wer mochte, ging danach noch zum Schwitzen in das Sudatorium (sudare = schwitzen). Die Fußsohlen wurden mit Holzsandalen vor dem aufgeheizten Fußboden geschützt. Am Schluss wurde zur Abkühlung im Frigidarium (frigidus = kalt) mit der Schöpfkelle Wasser über den Körper gegossen.
Bei Bedarf konnten in den Thermen die Dienstleistungen von Friseuren und Barbieren in Anspruch genommen werden.
Nach dem Bad wurde die noch leicht feuchte Haut mit einem duftenden Salböl eingerieben. In der Antike waren Parfums auf der Basis von Alkohol unbekannt. Stattdessen wurden Fette und Öle verwendet, die mit Blüten, Kräutern, Gewürzen und Harzen aromatisiert waren. Römische Parfums waren also Hautpflegemittel und Parfum in einem.
Das regelmäßige Bad diente der Gesundheit von Körper und Geist: Neben der Körperhygiene spielte die Lockerung der Muskulatur eine wichtige Rolle. Viele Menschen waren von frühester Jugend an im Arbeitsalltag einseitiger körperlicher Belastung ausgesetzt. Zur geistigen Entspannung trug die mitunter prächtige Innenausstattung der Badegebäude bei: Verglaste Fenster, bemalte Stuckgewölbe, Mosaiken, Statuen. Thermen waren baulich oft so angelegt, dass sich vom Caldarium aus eine schöne Aussicht auf die Umgebung bot.
Die Bäder wurden mit Quellwasser gespeist. Dieses wurde über Aquädukte (lateinisch aqua = Wasser, ducere = leiten) von den abgelegenen Quellgebieten bis in die Stadt geführt. Die Wasserqualität war also prinzipiell gut und es stand immer genug Wasser zur Verfügung. Trotzdem hätten viele Thermen unseren modernen Hygieneanforderungen nicht genügt. Von Mikroorganismen konnten die Menschen noch nichts wissen, da sie keine Mikroskopie kannten. Folglich wurde bestenfalls auf oberflächliche Sauberkeit, nicht aber auf Keimfreiheit geachtet. In mangelhaft gewarteten Bädern, wo das Wasser nicht regelmäßig gewechselt wurde, war das Infektionsrisiko hoch. Auch war der allgemeine Gesundheitszustand der Menschen damals schlechter als in den Industrieländern heutzutage. Darmparasiten waren weit verbreitet. Vor der Ansteckungsgefahr in unsauberen Bädern warnen schon antike Autoren. Dennoch wären ohne die Thermen die hygienischen Zustände für die Ärmsten, die in Elendsvierteln hausten, wahrscheinlich noch deutlich schlechter gewesen.
Gut erhalten sind bis heute Abschnitte der rund 95 Kilometer langen Fernwasserleitung, die einst das römische Köln mit Quellwasser aus der Eifel versorgte. Entlang des sogenannten Römerkanal-Wanderweges kann diese antike Eifelwasserleitung erkundet werden.
Kelten und Germanen kannten vor den römischen Eroberungen zwar nicht die verfeinerte Badekultur der Griechen und Römer. Auf Reinlichkeit legten sie trotzdem Wert. Tacitus bemerkt, dass sich die Germanen nach dem Aufstehen mit warmem Wasser wuschen. Sie badeten außerdem in Flüssen. Seife diente den antiken Autoren zufolge nicht nur zur Reinigung, sondern auch zum Bleichen der Haare. Auf dem frühmittelalterlichen Grabstein von Niederdollendorf ist ein fränkischer Krieger zu sehen: Mit der einen Hand umfasst er sein Hiebschwert, mit der anderen kämmt er sich. Unter den Beigaben in germanischen Männergräbern sind kunstvoll gesägte Kämme aus Tierknochen häufig vertreten, gelegentlich auch Bestecke aus Nagelkratzer, Ohrlöffel und Pinzette. Moorleichen und einzelne, gut erhaltene Körperbestattungen aus Nordeuropa ergänzen dieses Bild: Die Nägel sind gepflegt. Bei Männern kommen sowohl Kurzhaarschnitte als auch Langhaarfrisuren vor. Frauen trugen ordentliche Flechtfrisuren.
Das einst weit verbreitete Klischee vom ungepflegten Barbaren ist längst widerlegt. Es verwundert daher, wie hartnäckig sich das Bild in der Filmbranche hält, selbst in Dokumentarspielszenen mit seriösem Anspruch. Häufig werden Kelten und Germanen immer noch präsentiert mit wirren, strähnigen Haaren und verfilzten Zöpfen.